8 Wochen nach der Flutkatastrophe: In Bad Neuenahr findet sich immer noch jede Menge Müll an den Straßen und es wird weiter kräftig ausgeräumt. Inzwischen sind auch Versicherer (sogar mit Container) und einige Bau-Experten in der Innenstadt zu sehen. Ein Café gegenüber dem Kaufhaus Moses hat geöffnet. Weitere Fortschritte sind kaum zu erkennen.
Allein schon die Müll-Mengen machen die Dimension der Flutkatastrophe deutlich. Der Abfallwirtschaftsbetrieb des Kreises Ahrweiler hat in einer ersten Zwischenbilanz zur Hochwasserkatastrophe das Volumen der Hochwasser-Sperrabfallmengen auf 240.000 Tonnen beziffert. Davon entfielen rund 122.000 Tonnen auf das Abfallwirtschaftszentrum Niederzissen. Diese Menge entspricht 14.800 Lkw-Ladungen bzw. der normalen kreisweiten Sperrabfallmenge von 30 Jahren. Weiterhin werden täglich Tausende Tonnen Abfälle aus den Zwischenlagern im Ahrtal abtransportiert. Der AWB rechnet mit rund 50.000 bis 100.000 weiteren Tonnen, die – ebenfalls kostenlos – noch zu entsorgen sind.
Neues in Neuenahr:
Die „Klangwelle“, eine beliebte Show- und Musik-Veranstaltung im Kurpark, fällt dieses Jahr in Neuenahr aus. Sie zieht ersatzweise wieder dahin, woher sie vor Jahren gekommen ist: nach Bonn.
Nach offizieller Mitteilung fällt auch die Landesgartenschau, die schon von 2022 auf das Jahr 2023 verschoben worden ist, endgültig aus. Wirtschaftlich, personell, organisatorisch ist die LaGa, für die – nun durch die Flut zunichte gemacht – erhebliche Veränderungen in Neuenahr vorgenommen worden sind, nicht mehr zu stemmen. Schade um die Parks, die zurück gebaut werden müssen, und die Bäume, die bereits gefällt sind. Seitens der Verwaltung wurde mitgeteilt, dass die Kosten für bereits bezahlte Dauerkarten an die Karteninhaber zurück erstattet werden.
Zur Abwechslung eine gute Nachricht: es wird mehr Information, Service und Unterhaltung im Ahrtal geben. Das Ahrtalradio ist mit Radioprofis im Heppinger Pfarrzentrum auf Sendung gegangen. In Rekordzeit wurde es auf den Weg gebracht. Die Landesmedienanstalt lizenzierte das Programm kurzfristig, von der Bundesnetzanstalt wurden UKW-Lizenzen zur Verfügung gestellt. Das Radio wird zunächst bis zum 3. Oktober 2021 laufen. Gesendet wird auf der UKW-Frequenz 107,9 MHz. Alle Informationen auf der Internet-Seite
Großer Einstieg in den Wiederaufbau der Ahr-Region: Mittel und Zukunftsplanungen
Nach dem Bundestag hat am 10.9.2021 der Bundesrat in einer Sondersitzung erwartungsgemäß dem „Gesetz zur Errichtung eines Sondervermögens ‚Aufbauhilfe 2021‘ und zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wegen Starkregenfällen und Hochwassern im Juli 2021 (Aufbauhilfegesetz 2021)“ zugestimmt. Zugleich hat der Bundesrat der dazu gehörigen „Verordnung über die Verteilung und Verwendung der Mittel des Fonds „Aufbauhilfe 2021“ zugestimmt.
Bei dem Aufbaufonds handelt es sich um ein 30-Mrd.-Euro-Paket, das Bund und Länder gemeinsam finanzieren: der Bund zahlt 2 Mrd. Euro allein für die Infrastruktur, 28 Mrd. Euro Aufbauhilfe teilen sich Bund und Länder. Für Rheinland-Pfalz werden daraus 15 Mrd. Euro zur Verfügung stehen.
Der Bund wird in einer ersten Tranche schon 2021 Mittel in Höhe von insgesamt 16 Mrd. Euro zur Verfügung stellen. Weiteres ergibt sich ab dem Folgejahr nach Bedarf.
Das ist zwar viel Geld, es gibt aber auch großen Bedarf an Aufbauhilfen für die von der Flut Betroffenen und für eine zukunftsfähige nachhaltige Entwicklung der Region. Über die Aufgaben und Möglichkeiten zur Gestaltung der Region wird bereits in Zukunftskonferenzen mit Beteiligung der Landesregierung diskutiert.
Die Landesregierung setzt sich dafür ein, dass vom Hochwasser Betroffene Anträge auf finanzielle Hilfen schon im Oktober stellen können.
In Härtefällen soll auch für betroffene Privatpersonen eine Entschädigung bis zu 100 % möglich sein. Schäden an kommunaler Infrastruktur können zu 100% ersetzt werden. Eingeschränkt sollen auch geschädigte Betriebe entschädigt werden. Als gesichert gilt, dass Einnahmeausfälle der betroffenen Betriebe für sechs Monate ausgeglichen werden können. Aus der Landesregierung ist die Bitte an die Bundesregierung gerichtet worden, sich gegenüber der EU dafür einzusetzen, dass eine Ausnahme im Beihilferecht ermöglicht wird, nach der auch Wiederherstellungskosten ausgeglichen werden können.
Um der Eilbedüftigkeit des Wiederaufbaus Rechnung zu tragen, sollte nach Möglichkeit bundesrechtlich das Planungs- und Genehmigungsverfahren angepasst werden. Nicht jedes Gebäude wird, auch mit Blick auf Hochwasserrisiken, an derselben Stelle wieder aufgebaut werden können. Im Rahmen der Bundesrats-Sitzung setzte sich Ministerpräsidentin Dreyer dafür ein, dass die Bundesregierung nach der Bundestagswahl einen Gesetzentwurf vorlegt, der die Planung und Umsetzung von Ersatzbaugebieten – für von der Hochwasserkatastrophe stark betroffene Gebiete – vereinfacht und beschleunigt.