Der Fortschritt ist sichtbar, aber auch eine Schnecke

In Bad Neuenahr ist die Situation gemischt: an sehr vielen Häusern und Geschäften sind Putz und Böden schon herausgenommen und Böden und Wände können trocknen. In der Stadt herrscht überall reger Baubetrieb und es sind kaum noch flutbeschädigte Autowracks zu sehen. Häuser und Geschäfte werden entkernt, Inventar wird geräumt, an vielen Stellen werden Leitungen und Rohre neu gelegt. Zugleich wird offensichtlich, wie viele Maßnahmen noch längerfristig erforderlich sind, um das Ahrtal als Wohnort, als Erholungs- und Freizeitort und als nachhaltige Region im Einklang von Natur und Nutzung wieder herzustellen.

Wir wissen derzeit noch nicht, wann wir wieder in unsere Wohnung an der Südseite der Ahr einziehen können. Es fehlt weiterhin an Strom und Wasser. Der Wiederaufbau der Parterre-Wohnungen wird länger dauern. Möglicherweise wird, wenn der Strom mit Überbrückung über die unteren Wohnungen gelegt werden kann, bis Dezember des Jahres eine Rückkehr in unsere Wohnung in Neuenahr möglich sein. Ein paar Wochen jedenfalls wohnen wir noch außerhalb in einem Hotel.

Aktuell hat der Stadtrat mit Blick auf die bevorstehende kalte Jahreszeit zur  sicheren  Unterbringung von Bewohnern im Ahrtal, die keine eigene funktionstüchtige Wohnung haben,  u.a. Wohncontainer und „Tiny-Häuser“ als  temporäre Unterkünfte beschlossen..

Mein bisheriger Arzt ist in dem Chaos der Flut- und Corona-Wochen „verschwunden“. Der Medi-Bus steht nicht mehr am Bahnhof, aber der Medi-Arzt hat einen neuen Standort gefunden, wir haben ein Rezept für die Medikamente und sogar gleich auch – wie gewünscht – eine Grippe-Impfung bekommen.

Die Sparkasse hat weiterhin einen gut funktionierenden Standort in einem Sparkassen-Bus auf dem bisherigen Parkplatz. Mit der Wiedereröffnung der Sparkasse wird aber erst mit Mitte 2022 – voraussichtlich – gerechnet.

Der Blick in leere Geschäfte und Innenräume, so in die Räume des Luther-Restaurants, der Buchhandlung, der Luther-Kirche und vieler anderer Gebäude ist ein Alptraum.

Aber vieles – provisorisch zum Teil – wiederkehrt wieder.  Vor der Rosenkranzkirche wird in mobilen Verkaufsständen Wurst, Fleisch, Backwaren, Obst und Gemüse angeboten. Das Café „Mina“ an der ehemaligen Casinobrücke hatte unter der Flut sehr gelitten, soll aber wieder – in der Telegrafenstraße – in Betrieb gehen. Weiter nördlich sieht die Situation in Neuenahr auch schon wieder besser aus: ein Supermarkt, der – tiefer liegend – vom Hochwasser betroffen war, hat wieder geöffnet. Das „Brauhaus“ ist – auf der Terrasse – wieder in Betrieb gegangen und wird gut und gerne und mit Freude angenommen. Auch die Straußwirtschaft im Weingut Sonnenberg hat wieder geöffnet. Und das ist auch gut so, genau so wie die Wanderungen, die wieder angenommen werden: es hilft keinem Gastronom und keiner Region, wenn die Menschen nicht kommen. Es sollte nur Rücksicht genommen werden auf die besondere Situation der vielen Baumaßnahmen und – glücklicherweise – Helfer im Ahrtal, also möglichst nicht mit dem Auto, sondern eher mit Bus/Shuttle anreisen.

Die Straßen in Neuenahr sind nach einer Kehr-Aktion mit Anwohnern und Helfern frisch gefegt und schon deutlich ansehnlicher geworden.

In Neuenahr können Fußgänger jetzt auf einer Fußgängerbrücke an der Stelle der ehemaligen Kurgartenbrücke wieder die Ahr überqueren.

Die Ahrbrücke in Bad Neuenahr-Ahrweiler im Verlauf der L 83, die eine wichtige überörtliche Verbindung Richtung Süden nach Bachem und Königsfeld ist, kann inzwischen auch wieder befahren werden.

Die Postzustellung bei uns funktioniert auch schon wieder: in unserem gefluteten, aber getrockneten Briefkasten wird jetzt regelmäßig zugestellt. Jetzt müssen wir noch den Nachsendeantrag ändern.

Eine Brücke für Fußgänger in Bad Neuenahr – sehnlich erwartet zur Verbindung der beiden Ahr-Seiten.
Auch kulinarische Angebote werden Ahr-übergreifend angekündigt.
Erinnerung an die alten Stützpfeiler der Brücke
An den Ahr-Ufern sind immer noch reichlich Trümmer zu sehen.
Wie ein riesenhaftes Insekt aus einem Science-Fiction-Film: Trümmer-Reste an und von der Ahr.
Ein Bild der Zerstörung an der Ahrbrücke vor der Apotheke
Die Apotheke ist von Schlamm und Flut durchgespült worden, die Mauern haben aber gehalten und es wird schon am Wiederaufbau gearbeitet. Aufräumarbeiten und Schutthaufen, wohin man nur sieht.
Sehr schwer hat es auch die Luther-Kirche im Inneren getroffen. Der Boden ist verwüstet und muss komplett ausgetauscht werden.
In der Telegrafenstraße, neben der Luther-Kirche ist das Restaurant „Luther“ nach kompletter Durchflutung durch die Ahr wieder neu aufzubauen.
An der Kirche und dem Restaurant wird fleißig gearbeitet und es gibt laufend kleine Fortschritte in einer großen Herausforderung.
Leere Geschäfte und immer wieder Schutt in der Telegrafenstraße.
Der „Abraum“ aus einem Geschäft in der Telegrafenstraße.
Auch hier Baumaßnahmen zur vollständigen Wiederherstellung von Wänden, Böden, Fenstern.
Das war einmal der „Salon“ von Neuenahr. Am Platz an der Linde traf man sich zu Kaffee und Eis, zum Flanieren und Plaudern, zum Ausruhen auf Bänken und zum Erfrischen am Brunnen. Der Platz ist gefegt, aber hat – wie die Geschäfte in der Poststraße – noch viel vor sich.
So sieht ein Badezimmer in unserem Haus aus – nach der Flut und der Entkernung.