HEIMAT

Die Flut vom 14./15. Juli 2021 an der Ahr hat in den Dörfern und Städten furchtbare Spuren der Verwüstung hinterlassen und den Flusslauf breit und brutal neu gestaltet. Zahlreiche Wohnhäuser sind durch die Flut schwer beschädigt oder sogar zerstört worden. Viele Menschen sind noch nicht wieder zu Hause, sie sind in Übergangsunterkünften untergebracht und wissen nicht, wann, wie und wohin sie zurückkehren können.

Bei uns waren es „nur“ die Wohnungen in einer größeren Anlage in Neuenahr, die nach der Flut ein halbes Jahr lang nicht bewohnbar waren. Nun sind sie überwiegend  bewohnbar und wir wieder hier. Die ehemaligen Parterrewohnungen allerdings und die Keller müssen noch wieder hergestellt werden, Zeithorizont unbekannt.

Der Anblick, den die Stadt bietet, ist vielerorts verstörend, wie nach einem Angriff. Man kennt seine Heimat streckenweise kaum wieder. Nun weiß ich auch, was ein Fluchtimpuls ist.

Mit dem Thema HEIMAT habe ich mich früher nie befasst. Ich hielt Heimat für den jeweiligen eigenen Standort, dort wo man herkommt, auch für ein Folklore-Thema, für eine rückwärtsgewandte Brauchtumspflege und eine politisch adressierte Verlust- und Erinnerungskultur. Nun beschäftigt mich das Thema Heimat auch so wie manchen anderen, den ich hier treffe.

Unter Heimat wird auch der Zusammenhalt von Menschen und die Zugehörigkeit zu einer regionalen Gemeinschaft verstanden. Kölner z.B. können davon viele Lieder singen (Heimat is een Jeföhl). Heimat zeigt sich auch in einer Weinregion wie dem Ahrtal, das für starke Gemeinschaften, Zusammenhalt, Traditionen und Geselligkeit steht.

Heimat kann auch z.B. im Protest von Dorfbewohnern gegen den auf ihren Ort  vorrückenden Braunkohleabbau eine Rolle spielen.

Heimat und Verlust von Heimat findet auch im Zusammenhang mit Flucht und Vertreibung von Menschen an vielen Orten der Erde statt.

Der Begriff von Heimat hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten verändert und erweitert.

Interessant ist, dass es auch schon das „Heimatministerium“ gibt, wobei ich das aber nicht nachvollziehen kann, weil es sich doch um eine persönliche Angelegenheit handelt.

Passend zum Thema HEIMAT gibt es eine spannende, facettenreiche Ausstellung in Bonn im Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland mit dem Titel: „HEIMAT. EINE SUCHE“. Und gleich im Innenklappen-Text  des „Museums-Magazins“ wird mit einem großformatigen Bild einiger Flaschen Flutwein aus dem Weindorf Dernau an der Ahr Anteil an der Flut-Katastrophe genommen.

Die Ausstellung ist bis zum 25.9.2022 geöffnet, jeweils Dienstag bis Sonntag, der Eintritt ist frei.

Ein tiefer Graben vor der ehemaligen Auffahrt zum Hotel Steigenberger in Bad Neuenahr. Drum herum Schutt-, Erdhaufen und Abfallberge. Und das Kurhaus, direkt an der Ahr gelegen, hat „eine Zukunft in den Sternen“.
Vor dem Kurhaus: eine Spur der Verwüstung und reichlich Geröll. Hier konnten im letzten Jahr noch ältere Herrschaften ohne Handy an der Telefonsäule telefonieren.
Die Verwüstung der Veranstaltungsräume am Kurhaus ist kaum fassbar.
So dicht an der Ahr gelegen, sind die Schäden auch besonders groß und die Chancen auf eine Zukunft des Gebäudes um so geringer.

Wenn man zurückdenkt an die schönen Veranstaltungen, die man hier erlebt hat, kann man seinen Augen beim jetzigen Anblick nicht trauen.

In der Neuenahrer Innenstadt ist die scheinbar „immerwährende“  Kreuzstraße weiterhin Baustelle in beide Richtungen – neue Rohre legen und noch einiges mehr. Die Flut hat auch hier ihren Weg gefunden.
Zugleich sind in Neuenahr viele Neubaumaßnahmen unterwegs – zum Teil auch erschwert durch häufigen Regen. Für den Fotografen aber ein schönes Spiegelbild.
Blick von der THW-Maria-Hilf-Fußgängerbrücke über die Ahr: die Ahr ist seit der Flut breit und immer gut gefüllt. In ihrem selbst definierten Flussbett ist sie allerdings nicht tief – allein die Breite bleibt wohl. Und was hier mit Steinen am Flussufer vor einer Rasenfläche befestigt worden ist, könnte ein Muster für die zukünftige Ufergestaltung werden.