Wandern zwischen zwei Welten

Vor wenigen Tagen bin ich das erste Mal seit sieben Monaten wieder gewandert. Nach einer Schulter-OP und gemäß ärztlicher Anweisung war Physiotherapie mein einziger „Sport“; selbst Wandern war verboten.

Und diese Woche war es dann endlich so weit: In einer „Kleingruppe“ sind wir von Bad Neuenahr aus am Ahr-Ufer entlang Richtung Landskrone gelaufen. Der Anblick des Ahr-Ufers  bringt jedes Mal  die Erinnerung an die Flutnacht und ihre Folgen zurück. Und macht jedes Mal fassungslos darüber, was in dieser Nacht geschehen ist und wie das geschehen konnte.

Aber bei Sonnenschein hoch oben auf dem Rotweinwanderweg zu laufen, ist nach einem kurzen Aufstieg wie in einer anderen Welt: Die Stadt in einiger Entfernung glänzt hell, es wird eifrig auf zahlreichen Baustellen an weiteren Neubauten gearbeitet und die Flutfolgen scheinen wie verschwunden. Sind sie natürlich nicht, wie nach unserer Einkehr auf der Bengener Heide (mit köstlichen Kuchen und spannender Unterhaltung in Form von lebhaftem Flugbetrieb) und Rückkehr nach Bad Neuenahr deutlich wird. Aber einmal „tief Luft holen“ und die Schönheit von Natur und Landschaft genießen, ist wie eine Medizin.

Für vieles in der Stadt braucht es Geduld: so wird wohl- nach neuesten Erwartungen – auch ein „Leuchtturm“ wie das Steigenberger Hotel möglicherweise erst in drei Jahren den Betrieb wieder voll aufnehmen können. Auch das historische Thermal-Badehaus soll nach weiterhin erforderlichen umfangreichen Reparaturmaßnahmen wieder mit einigen Einrichtungen in Betrieb gehen. Schöne Aussichten!

Aber es gibt auch Fortschritte „von Amts wegen“: Am Samstag Mittag beim „Bäckerwagen“, also dem Ersatz-Mobil für den Backwarenverkauf bis zur Wiederherstellung der Bäckerei in der Mittelstraße, höre ich ein relativ leises unbekanntes Geräusch. Auf meine Frage informiert mich die Backwaren-Verkäuferin, dass das – immer Samstag um 12:00 Uhr – ein Sirenen-Probe-Alarm ist. Gut, dass es das gibt und dass ich das jetzt weiß. Aber die meisten Neuenahrer*innen werden das wohl nicht wissen.

Corona – wie sieht es aus bei den aktuellen Inzidenzen:

bis 19.1.2022 in Bonn 948,6 (General-Anzeiger Meldung dazu: fast bei 1.000, Omikron(-Variante)) bricht Rekorde; im Kreis Ahrweiler 473,6

bis 4.2.2022 in Bonn 1652,6, im Kreis Ahrweiler 968,7

bis 7.2.2022 in Bonn 1504,3, im Kreis Ahrweiler 1.127,4 (mit möglicher Ungenauigkeit bei Meldungen durch Gesundheitsämter)

aktuell bis 11.2.2022 in Bonn 1.437,2, im Kreis Ahrweiler 1.148,8

Insgesamt also keine einheitliche Entwicklung, aber immer noch hohe Werte. Mitte nächster Woche werden Ministerpräsidentenkonferenz und Bund über gemeinsame Regeln beraten und welche Erleichterungen wann verantwortbar  sind. Hierzu gibt es bekanntlich verschiedene Meinungen bisher.

Was gibt es noch Neues im Kreis Ahrweiler:

In der nächsten Woche findet die Amtsübergabe an die neu gewählte  Landrätin des Kreis Ahrweiler, Cornelia Weigand, statt.

Mit großer Freude in Bonn und den Kreisen Rhein-Sieg, Neuwied und Ahrweiler wurde der aktuelle Besuch der neuen Bundesbauministerin, Klara Geywitz, mit der Zusage, beim Bonn-Vertrag zügig zu Vereinbarungen  kommen zu wollen, aufgenommen.  Die Ministerin will bis Ende des nächsten Jahres Vereinbarungen in Eckpunkten erreichen. Der Bonn-Vertrag hat lange trotz Bemühungen in Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz keinen nennenswerten Fortschritt erfahren. Der Einsatz der neuen Bundesbauministerin lässt auch für den Kreis Ahrweiler hinsichtlich der  Verbindungen zum Bund – über den ehemaligen Regierungsbunker im Ahrtal hinaus – Freude und Zuversicht aufkommen.

In einem Nachbarhaus an unserer Straße: so sieht es – exemplarisch – an vielen Stellen in Bad Neuenahr aus. Besonders mühsam und langdauernd wird es, wenn die Wiederherstellung in Eigenarbeit geleistet wird.
Dieses Haus hat auch eine Nach-Flut-Geschichte zwischen Hoffen und Bangen: bei einer ersten Begutachtung war schon ein Haken drangemacht worden. Einige Zeit später die Ansage: Abriss. Nun wird erst einmal kräftig ausgeräumt.
Und so sieht es bei uns aus: das Haus scheint ab der ersten Etage ganz intakt. Oben auf dem Dach muss aber – nachdem wir schon reichlich mit Wasser in der Tiefgarage zu tun hatten – nun der Wassereintritt auf dem Dach bekämpft werden.
Die ganze Straße lang an der Lindenstraße ein tiefer Graben mit neu gelegten Rohren zur  Ertüchtigung der Infrastruktur.
Die Ahr in voller Breite – die man ihr vermutlich für alle Fälle auch für die Zukunft lassen sollte. Es sei denn, es gäbe einen besseren Vorschlag.
Wir laufen in Heppingen parallel zu den (einspurig verlaufenden) Gleisen der Ahrtal-Bahn. Es ist offensichtlich, wie viel Arbeit, Hilfe und  Unterstützung auch hier noch notwendig ist.
Mit den ersten Frühblühern wie hier auf dem Weg am Waldesrand kommt  auch die Freude über die regelmäßige Wiederkehr des Lebens in der Natur.