Das Heilbad, das Heilung braucht

Wieder in Bad Neuenahr

Am Donnerstag, 19. August 2021, sind wir in Neuenahr, u.a. um nach unserer Wohnung in der Unterstraße zu schauen. Der Anblick der Straße ist für uns verstörend: es sieht so verdreckt und müllüberladen aus, als wäre seit unserem letzten Besuch vor einer Woche nichts passiert. Tatsächlich ist das aber schon der Unrat aus den überwiegend geräumten Kellern und nicht mehr der Müll aus den Wohnungen. Hinzu kommt auch schon der Bauschutt aus den Decken, Böden und Wänden der Wohnungen.

Wir gehen in den Ortskern von Bad Neuenahr, um soweit möglich mit ein paar Einkäufen den lokalen Einzelhandel zu stärken. An Einkaufen ist nicht zu denken. Trotz lebhafter Bau- und Wiederherstellungsmaßnahmen wirkt der Ort wie ausgestorben. Fast alle Geschäfte sind – durch die Flut gewaltsam – geöffnet. Man schaut in türen- und fensterlose Läden, die schon komplett von der – wertlos gewordenen – Ware geräumt sind. Pressluftbohrer sind an allen Ecken und Enden zu hören. Bis auf ein Geschäft, das seinen Verkauf in die 1. Etage seines Hauses verlegt hat, sind alle Geschäfte verlassen.

Viele Einrichtungen schwer bis total beschädigt

Bundesweit bekannte und hochangesehene Einrichtungen wie die Orthopädische Fachklinik Kurköln, die Knappschafts-Klinik, die Gefäßchirurgie und viele andere Gesundheitseinrichtungen haben massiv Schaden genommen und sind zum Teil schon ausgeräumt worden. Arztpraxen sind der Flut zum Opfer gefallen. Wir haben unsere bisherigen Ärzte mitsamt unseren Unterlagen verloren.

Historische Gebäude zu Schaden gekommen

Historische Bauten, die den Charakter und die Schönheit des Kurortes bestimmt haben, sind massiv von den Flutfolgen betroffen.

Gesundheits- und Sportbäder gefährdet

Von Gästen und Einheimischen geschätzte Einrichtungen wie die Therme und auch das gerade noch für die Zeit nach der geplanten Landesgartenschau zur Weiterentwickung vorgesehene Twin-Schwimmbad scheinen derzeit „in den Sternen zu stehen“.

Helfen und Heilen

Der elegante Kurort Bad Neuenahr, der jahrzehntelang den Gästen Heilung und Erholung verschafft hat und viele Menschen auch zum Bleiben angeregt hat, braucht nun selbst Heilung.

Seit dem 15. Juli gibt es in Bad Neuenahr und insgesamt im Ahrtal unvorstellbar große Hilfe für die Menschen und ihre Unterkunft, ihre  wirtschaftlichen Existenzen und die erforderliche Infrastruktur. Orte wie Bad Neuenahr können dabei auch Veränderungen erfahren. Ob das auch eine Chance ist, wird sich zeigen. Man kann nur hoffen, dass der Wiederaufbau gut gelingt.

Spendenzahlungen

Über den Bund-Länder-Wiederaufbaufonds wird noch im September entschieden.

Weiterhin gibt es – und werden auch weiter gebraucht – Spendenprogramme, u.a. auf dem Spendenkonto des Kreises. 60% der zur Verfügung stehenden Mittel wurden bereits ausgezahlt. Diese Soforthilfe des Kreis Ahrweiler soll an von der Naturkatastrophe unmittelbar betroffene Menschen mit Wohnsitz im Katastrophengebiet weiter ausgezahlt werden. Am Samstag 14.8.21 sind die bisherigen Tel.-Nummern der Hotline wegen der zurückgehenden Nachfrage abgeschaltet worden. Es kann aber weiterhin von den Betroffenen Soforthilfe (pro Haushalt zwischen 1.000 und 2.000 Euro) beantragt werden: per Formular auf der Startseite der Internetseite des Kreises https://kreis-ahrweiler.de   Button „Antrag für die Soforthilfe Kreis Ahrweiler“

Weiterhin können, wie der Präsident des Deutschen Bauernverbandes mitteilte, betroffene Bauern und Winzer, die von der Flut besonders betroffen sind, Soforthilfen von 15.000 Euro erhalten.

Politische Flut-Folge

In personeller Hinsicht hat der Kreistag jetzt auf Antrag der SPD-Kreistagsfraktion einstimmig eine Resolution beschlossen, dass Landrat Jürgen Pföhler seiner politischen Verantwortung gerecht werden und den Weg für einen Neuanfang frei machen soll.

Auch in der oberen Unterstraße wird bis zur Decke geräumt.
So sieht es an unserem Hauseingang aus, auch hier: viel ist schon geräumt und staut sich bereits, weiteres muss noch raus.
Auch im Gartenhaus ist der Schutt bis an die Balkondecke herausgeräumt und gestapelt worden.
Im Stadtkern von Bad Neuenahr sind die Spuren der Verwüstung an vielen Häusern und auf allen Straßen zu sehen. Zum Glück hat die Apotheke den Statik-Test bestanden.

 

Das ist die Abriss-Stelle von der Kurgartenbrücke. Noch am 13.7.21 hätte man sich einen solchen Anblick nicht vorstellen können.
Blick auf den Rest der Kurpark-Dekoration am Ahr-Ufer
gegenüber der abgerissenen Kurparkbrücke – überall Spuren der Verwüstung
Schutthalden überall, hier in der Poststraße
Alles was in den Geschäften war, zeigt Schlammspuren. Und alles muss raus.
In der Telegrafenstraße ist das Bild nicht anders: geräumter Lehm auf der Straße, Schutthaufen an den Seiten. Es ist auch fast menschenleer – kaum auszuhalten, „seine“ Stadt so zu sehen.
Quisisana – hoffentlich wird alles gut und die Stadt wieder gesund. Die Wucht des Flutwassers zeigt sich im Türrahmen, der zerfetzt wurde.
Dieser Hinweis macht Freude: nicht aufzugeben mit der geschlossenen Buchhandlung, sondern an anderer Stelle weiter – nur anders – für die Bücherfreunde da zu sein. Es gibt viele kreative Ideen zur Überwindung des derzeitigen Alptraums.
Die Flut hat ohne Rücksicht auf hohen Wert und Alter dieses Olivenbaums, den Menschen kaum bewegen könnten, den Baum mitsamt Pflanztopf hierhin geschleudert.